Dein Leben spielt sich wechselweise zwischen dem Rock´n´Roll-Zirkus und Motorrad-Club ab, also in einer Parallelwelt zu bürgerlichen Lebensentwürfen?

Hauptsächlich lebe ich schon sehr bürgerlich. Ich mag aber alle diese drei Lebensphasen sehr gerne. Der Motorrad-Club ist für mich eher eine Wochenend-Geschichte. Da bin ich eher so ein Freizeitrocker (lacht). Ein richtig intensives Rockerleben findet heute auch nur noch bei wenigen Clubs statt. Die Künstler im Rock´n´Roll führen aber durchaus ein Leben, das sich vom bürgerlichen unterscheidet. Und deshalb ist es für mich immer eine Freude, wenn der Manni (Manfred Meyer) mich anruft und sagt: „Es geht wieder los auf Tour!“

Wie viele Monate im Jahr bist Du als Tour-Security-Mann unterwegs?

Normalerweise bin ich sechzig Prozent zu Hause und vierzig Prozent auf Tour. In einem Jahr, in dem die Hosen auf eine größere Tour gehen, dreht sich das natürlich ins Gegenteil. Das war früher noch ganz anders. Ich habe eigentlich mal Automechaniker gelernt. Mein Vater war aber Dachdecker und wollte, dass auch ich aufs Dach gehe. Und deshalb bin ich dann auch Dachdecker geworden und habe das 20 Jahre lang gemacht. Irgendwann ging mir das aber zu sehr auf die Knochen. Und danach habe ich alles gemacht, was Geld brachte: Kioskbesitzer, Kaminholzhacker, LKW-Fahrer usw. Der Spaßfaktor war mir aber auch immer sehr wichtig.

Du sprichst einen sehr ausgeprägten hessischen Dialekt: Woher stammst Du genau?

Ich bin in Wiesbaden geboren, bin sozusagen Voll-Hesse. Mittlerweile wohne ich in Rheinland-Pfalz, aber Hessen finde ich nach wie vor super, weil man von dort so schnell in den Bergen ist. Die Eifel liegt ja gleich nebenan und man ist auch ruckzuck in Bayern. Das einzige Land, in das ich komplett übersiedeln würde, wäre Bayern, weil ich die Lebensart dort schätze. Die Menschen sind sehr direkt, offen und ehrlich und halten an Traditionen fest. In Hessen sind die eher alle etwas stur. Die gehen zum Lachen in den Keller, sogar bei der Fassnacht.

Wie bist Du denn privat eigentlich unterwegs, immer mit dem Motorrad?

Wenn das Wetter entsprechend ist, fahre ich viel mit dem Motorrad. Ich fahre seit meinem vierzehnten Lebensjahr „Moped“. Mein erstes Moped war eine 50er von Hercules, meine erste größere Maschine war eine 250er von Suzuki, dann folgte eine 1100er von Yamaha und dann kam halt die Harley. Und jetzt hänge ich auf einer V-Maxe rum. Die ist einfach besser zum Reisen und Herumfahren, wenn man unterwegs nicht so viel schrauben will.

Fährst Du lieber alleine Motorrad oder doch mit einem großen Haufen anderer Biker?

Ich fahre gerne in der Gruppe, aber in keiner zu großen. Das wird dann zu chaotisch, weil das nicht jeder beherrscht. Wenn ich am Wochenende daheim herumfahre, sind wir immer so vier, fünf Leute. Dann gucken wir uns einfach die Gegend an. Meine weiteste Tour war Italien. Da haben wir es uns richtig gegeben, sind eine Woche lang durch das ganze Land gefahren. Ich fahre dann die meiste Zeit Landstraße und bleibe dort stehen, wo es mir gefällt. Und da suche ich mir dann irgendwas, wo ich schlafen kann, oder lege mich auch mal einfach mit dem Schlafsack auf die Wiese. Mehr brauche ich nicht, wenn ich mit meinem „Moped“ unterwegs bin.

Dein Moto-Club heißt „Black Devils“. Seit wann bist Du dort Mitglied?

Ich bin jetzt 48 Jahre jung und seit 27 Jahren dabei, also den größten Teil meines Lebens. Ich bin damals über meinen Schwager an den Club gekommen und hatte natürlich am Anfang auch meine Prospect-Zeit. Das war keine klassische Aufnahmeprüfung, aber für mindestens ein Jahr musste man sich um die älteren Mitglieder kümmern. Die Leute wollen dich halt kennen lernen und du kannst so ein Zeichen setzen, dass du ein wirkliches Interesse an dem Club hast. Zu meiner Zeit war das auch noch etwas strenger, als das heute gehandhabt wird. Früher musste man als Prospect immer vor Ort sein. Wenn du angerufen wurdest, musstest du da sein, egal ob du gerade auf der Arbeit warst oder nicht. Ich hatte zum Glück immer gute Arbeitgeber (lacht).

Manfred Meyer mit Freunden und Kollegen, Zürich, 2008

Foto Andree Kaiser

Wie sieht das Clubleben bei den „Black Devils“ aus, außer dass man zusammen mit dem Motorrad rumfährt?

Wir gehen zusammen grillen, schwimmen oder ins Kino – machen eigentlich alles, was auch sonst in jeder normalen Familie abgeht. Wir fahren auch mal in einen Vergnügungspark und sind mit den Kindern unterwegs. Es ist ja nicht so, als wären wir alle kinderlos. Es sind meistens eher so aktive Sachen wie Zelten gehen, die bei uns auf dem Programm stehen. Und wir haben sicherlich eine besondere Beziehung zur Natur. Ich würde jetzt nicht sagen, dass das bei uns spannender abläuft als in anderen Familien, wir haben aber vielleicht etwas mehr Spaß, weil wir eine andere Lebenseinstellung haben.

Welche Rolle spielt die Musik in Eurem Moto-Club?

Gute Musik war schon immer ein guter Grund zu feiern. Von daher spielt sie eine ganz wichtige Rolle. Bei uns im Club-Heim läuft viel Rock´n´Roll, viel Blues, alte Sachen. Obwohl ich eigentlich gar kein Englisch verstehe, kennt man halt die bekanntesten Stücke. Die Rolling Stones sind natürlich weit vorne in unserem Club. Und die Hosen laufen natürlich auch. Das neue Album halte ich übrigens für das beste, das sie je aufgenommen haben.

Wie bist Du mit den Hosen in Kontakt gekommen?

Kennengelernt habe ich sie über den Herrn Meyer. Durch den habe ich erstmal auf einem Konzert hier in der Nähe gearbeitet. Und daraus hat sich ergeben, dass ich sie seit 1998 regelmäßig auf Tour begleite. Sie haben außerdem auch schon zweimal bei uns im Clubheim gespielt. Und dabei waren die immer ganz locker drauf. Beim ersten Mal haben sie im Clubheim in Mainz gespielt, das eigentlich verhältnismäßig klein ist. Das war ein Raum, der nicht mal 300 Quadratmeter hatte. Jetzt in Mombach hatten wir um die 700 Quadratmeter und da sind über 2.500 Leute gekommen. Eigentlich hatten wir das Ganze ja geheim gehalten, aber es ist wohl irgendwie durchgesickert. Ich habe vorher noch nie so viele Menschen in unserem Clubhaus gesehen (lacht).

Jetzt bist Du schon seit sieben Jahren dabei; wie hat sich Dein Job in der Zeit verändert?

Ich bin vom Eingang zur Bühne gewechselt. Am Anfang war ich noch nicht im Graben dabei. Da habe ich mich eher um den Einlass gekümmert. So als Schmalhans habe ich mir das auch nicht unbedingt zugetraut, weil es da vorne schon ganz schön hart ist. Die Jungs sind da nach den knapp drei, vier Stunden schon immer sehr abgekämpft rausgestiegen. Mittlerweile ist mir der Graben aber lieber als all die anderen Positionen, die es zu bekleiden gibt.

Wie lang ist Dein durchschnittlicher Arbeitstag beim 2. Teil der „Friss oder stirb“-Tour?

Wenn es schlecht läuft, hat man schon mal so einen „18er“ dabei. Die Regel sind aber 14 bis 16 Stunden. Weil wir aber mit zwölf Leuten unterwegs sind, können wir uns das schon ganz gut einteilen, dass man sich auch mal zwei, drei Stunden ablegen kann. Denn wenn man diese Mütze Schlaf nicht kriegt, macht man den Job garantiert nicht lange.

Du hast mal gesagt, dass Du es als Deine Aufgabe ansiehst, dass die Band zufrieden gestellt wird und das Publikum fair behandelt werden muss…

Das Publikum besteht aus Menschen, die uns bezahlen. Wenn wir die mies behandeln würden, würden sie uns auch mies behandeln und nicht mehr auf die Konzerte kommen. Da hätten dann weder die Hosen etwas davon, noch wir. Und wie man in den Wald hineinruft, so schallt es halt hinaus. Wir kriegen nur hin und wieder mal ein paar dumme Sprüche gedrückt, z.B. wenn jemand von den Fans zu viel Alkohol getrunken hat, aber eigentlich lässt sich auch im Graben immer alles mit Worten lösen. Die Hosen-Fans sind insgesamt auch sehr umgängliche Zeitgenossen.

  • Schande (hier mit Campino): "Die Optik beeindruckt schon ein bisschen."

"Die Optik beeindruckt schon ein bisschen"

Schande

Sicherlich habt Ihr ja auch so etwas wie eine natürliche Autorität, wenn Ihr irgendwo zusammen schwersttätowiert auftaucht.

Die Optik beeindruckt schon ein bisschen (lacht). Wenn wir dann aber ein Späßchen gemacht haben, wissen andere Leute spätestens, dass wir schlimmer aussehen als wir eigentlich sind. Das gehört halt zu unserer Lebensart, deshalb haben wir uns so zuschmieren lassen. In Helgoland sind wir aber sogar mit dem Bürgermeister mit dem Boot rumgefahren. Der hat schnell gemerkt, dass wir umgängliche Typen sind. Und auch mit den anderen Ureinwohnern sind wir auf der Insel gut klar gekommen.

Was darf in Deinem Tourgepäck nie fehlen?

Meine Messer und meine Digitalkamera, ab und zu noch eine Videokamera, hin und wieder auch eine Axt. Die Messer habe ich natürlich nicht dabei, um irgendeinen abzustechen, sondern weil ich Messer sammle. Das Messer gehört einfach zu mir. Ich brauche Messer. Wenn ich ein Brot schmiere, brauche ich ein Messer. Und weil man das Brot nicht mit demselben Messer schneiden will, das man vorher in der Butter hatte, brauche ich halt zwei Messer usw. Das Fotografieren habe ich zuletzt etwas reduziert. Früher waren das bei einem Konzert mit anschließender Party hinterher 600 bis 1200 Bilder. Heute sind es eher 300 bis 500.

Wo bist Du mit den Hosen auf Tour bislang hingekommen?

Schande & René, Dortmund, 2008

Foto Andree Kaiser

In Deutschland war ich natürlich schon überall. Sehr interessant war jetzt zuletzt Osteuropa, als wir in der Gegend rund um Serbien unterwegs waren.

In Deutschland war ich natürlich schon überall. Sehr interessant war jetzt zuletzt Osteuropa, als wir in der Gegend rund um Serbien unterwegs waren. Die Krönung war für mich aber vor zwei Jahren Argentinien. Die Mentalität der Leute dort ist ganz anders. Das ist halt noch richtiger Punk-Rock. Und die Punk-Rocker dort pflegen die Tradition, als Zeichen der Anerkennung zu spucken. Das passiert in Deutschland auch, aber äußerst selten. Als ich dann in Argentinien zum ersten Mal im Graben war, habe ich gedacht, da hätte irgendwer die Dusche angemacht. (lacht)

Zwischen den Touren entspannst Du Dich Gerüchten zufolge auf Deinem Landgut in Ostpolen?

Das ist eher eine Blockhütte, mit drei Zimmern und Küche, dafür ohne Toilette und fließendes Wasser – aber wir haben schon Strom. Das sind ein paar Stallungen, drei Hektar Wald und fünf Hektar Feld und Wiesen. Es ist wirklich am Arsch der Welt, 15 Kilometer von der weißrussischen Grenze entfernt, der nächste Nachbar wohnt einen Kilometer weg. Das ist eine der ärmsten Gegenden von Polen. Und jeder ist Selbstverpfleger. Wer dort wohnt, hat seinen eigenen Gemüseanbau und sein eigenes Viehzeug.

Wie sieht es bei Dir privat mit Haustieren aus?

Ich halte mir natürlich auch ein paar Tiere: Hunde, Katzen, Fische, ein Hausschwein – und eine Würgeschlange. Früher hatte ich auch mal drei. Wenn es im Sommer schön warm ist, hänge ich mir die auch schon mal um den Hals und gehe mit der draußen spazieren. Tiere haben ja den unbestreitbaren Vorteil, dass man sich hervorragend mit ihnen unterhalten kann (lacht).

Tiere haben ja den unbestreitbaren Vorteil, dass man sich hervorragend mit ihnen unterhalten kann. (lacht)