*22. Juni 1962 in Düsseldorf
Campino, eigentlich Andreas Frege, ist nicht nur der Sänger, sondern auch das Gesicht der Band.
1978, im Alter von 16 Jahren, gründete er die Gruppe Zentralkomitee Stadtmitte, kurz ZK, die stark von der Punk-Szene im „Ratinger Hof“ beeinflusst war. Vier Jahre später, als Punk auf dem absteigenden Ast war, rief er antizyklisch die Toten Hosen ins Leben.
Er prägt die Band seither nicht nur mit seiner Stimme und seiner Live-Performance, sondern ganz besonders mit seinen Texten. Dabei scheut er sich auch nicht, mit anderen Autoren zusammenzuarbeiten, etwa mit dem Berliner Singer-Songwriter Funny van Dannen oder zuletzt mit dem Rapper Marteria.
Campino hat sich auch außerhalb der Musik als Künstler bewiesen — seit den 1980er Jahren immer wieder als Schauspieler, zum Beispiel im Spielfilm „Palermo Shooting“ von Wim Wenders oder in der „Dreigroschenoper“ im Berliner Admiralspalast unter Klaus Maria Brandauer.
Er wird auf ewig seinem ältesten Bruder John dankbar sein, der ihm einst die ersten Punk-Platten vorspielte und mit ihm nach London gefahren ist, um die Count Bishops zu sehen.
Er hat diesen frühen Einfluss nie vergessen, was auch durch die beiden Versionen des Cover-Albums „Learning English“ dokumentiert ist — „Lesson One“ von 1991 und „Lesson Two“ von 2017. Wann immer es die Band erlaubt, fährt Campino heute in sein englisches Wohnzimmer — das Stadion des Liverpool FC an der Anfield Road. Besondere Fähigkeiten besitzt er seit frühester Jugend in der Randsportart Tipp-Kick.
Die Höhenmeter, die er mit seinen Bühnenklettereien weltweit überwunden hat, werden gerade noch ausgerechnet, vermutlich von Breiti.
„Für uns ist es ein Glücksfall, dass Campino so ein guter Texter ist.“
Andi
Fragen an Campino
Was war anders bei den Aufnahmen zu „Laune der Natur“ als bei Euren früheren Plattenproduktionen?
Der markanteste Unterschied waren unsere musikalischen Gäste. Wir sind zwischendurch für die „Learning English Lesson 2“ nach London gefahren und wurden dort von vielen Künstlern besucht.
Meine nachhaltigsten Erinnerungen an die Zeit haben mit den ganzen Begegnungen zu tun.
Die Musiker, die nicht nach London kommen konnten, besuchten uns im Münsterland: Chris Bailey von den Saints und Jello Biafra von den Dead Kennedys. Die restlichen Aufnahmen liefen ganz bewusst so ähnlich ab wie in den Tagen von „Ballast der Republik“.
Vincent Sorg und wir sind inzwischen eine eingespielte Truppe und wir haben uns mit den Ergebnissen wohlgefühlt.
Wenn Du zurück denkst an die vergangenen Monate, was war der schönste Moment mit der Band?
Am schönsten war es, aus dem Studio rauszukommen, wieder loszufahren und auf die Wohnzimmer-Tournee zu gehen. Man ist immer zögerlich, wenn man lange nicht in der Öffentlichkeit war.
Man fragt sich, wenn man eine Weile nicht auf der Bühne gestanden hat, ob man immer noch dieselbe Energie erreichen kann und ob die Leute dafür bereit sind. Die ersten Abende in den Wohnzimmern haben uns insofern viel Feuer gebracht und uns gezeigt, dass alles gut ist.
Offensichtlich freuen sich alle noch auf eine Runde Partys mit uns. Wir haben uns in diesen Tagen beruhigen können für all das, was noch auf uns zukommt. Bei der Magical Mystery Tour versuchen wir ganz bewusst, keine Routine zu entwickeln, jeder Abend ist komplett anders, auch mit anderen Leuten – vom Feuerwehrmann bis zum Punk-Rocker. Deshalb lässt sich auch kein Abend hervorheben. Jeder hat eine andere Besonderheit, und das ist auch das Ziel. Ob Fischgeschäft in Kiel, ob Wien oder ob Anti-Pegida in Dresden – das sind alles Sachen, die für sich selbst stehen.
Welcher Song von der „Learning English Lesson 2“ war für Dich persönlich am wichtigsten? (Und – natürlich – warum?)
Jeder hat am Anfang eine Liste mit seiner Top-10 gemacht. Wir haben unsere Lieblingslieder aufgeschrieben, die wir gerne in der Zeit realisieren wollten. Die persönliche Auswahl hat sich sofort ziemlich miteinander gedeckt. Die ersten fünf, sechs Titel waren bei allen ähnlich. Natürlich hätten wir auch noch gerne Mick Jones von The Clash ins Studio gebeten. Er hat auch ganz nett geantwortet, war aber zeitlich verhindert. Wir sind allerdings überglücklich mit denen, die gekommen sind. Für mich ist das Entscheidende die beeindruckende Ansammlung von großen Helden und Vorbildern, die den Weg ins Studio geschafft haben. Da kann ich niemanden hervorheben.
Jedes Lied auf der Platte hatte zu seiner Zeit eine große Bedeutung für mich – von den Rezillos über Cock Sparrer bis Johnny Moped. Ich kann über jeden dieser Songs etwas sagen.
Da ist kein einziges Stück einfach nur so dazu gekommen, weil wir nicht wussten, was wir mit der Zeit machen sollten. Es 21 Lieder geworden, was fast jeden zeitlichen Rahmen sprengt. Wir konnten aber nicht aufhören, immer noch neue Sachen dazu zu addieren. Ich glaube, dass wir noch drei, vier „Learning English“-Platten rausbringen könnten, ohne dass es einen Qualitätsverlust gäbe. Das liegt daran, dass es zu dieser Zeit einfach sehr viele Pop-Perlen gab. Wenn wir den zeitlichen Turnus beibehalten, kommt die nächste „Learning English“, wenn wir 80 sind. Ich finde, das ist das perfekte Alter, um den Zyklus abzuschließen.